Artikel zu Walldorfer Geschichte




Ein Walldorfer Riemensperger kämpfte im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg

Von Klaus Ronellenfitsch


Im amerikanischen Bundesstaat Maryland, auf dem Thomas Family Cemetery in der Nähe von Adamstown, findet sich noch heute ein alter, für die Astorstadt Walldorf interessanter Grabstein von 1820. Seine deutsche Inschrift lautet:



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Von
GEORGE RIEMENSPERGER
gebohren den 3den Februarius
1736 in Chur Phaltz zu Waldorff
bey Heydelberg Ist gestorben den
21ten November 1820 Alter 84
Yahr 9 Monat und 18 tag.
Tritt im geist zum grab all hin.
Siehe dein gebein versenken.
Sprich herr dass ich erde bin.
Lehre du miech selbst bedenken.
Lehre du miechs jeden tag.
Dass ich weiser werden mag.



Georg Riemensperger, Sohn der Eheleute Sebastian Heinrich und Eva Dorothea Riemensperger, wurde am 5. Februar 1736 in Walldorf getauft. In Werner Hackers ausführlichen Auswandererlisten ist er nicht genannt. Vielleicht ist er wie viele andere ohne Ausreisegenehmigung „entwichen“. Jedenfalls steht „Hans Jerg Ramsperger“ auf der Passagierliste des Schiffes Richard and Mary, das von Rotterdam startete und am 30. September 1754 in Philadelphia ankam. Den Rest seines Lebens verbrachte John George Remsberg (so die dortige Schreibweise) in Frederick County in Maryland. Er war ein bekannter Mann, ein Patriot, der als Corporal im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg 1775-1783 kämpfte. Nach dem „Maryland Historical Magazine“ zählte Georg Riemensperger zu den Unterzeichnern des „association test“. Das war eine im Frühjahr 1776 erfolgte Unterschriftensammlung, die sicher stellen sollte, dass die amerikanische Unabhängigkeitserklärung vom 4. Juli 1776 die Stimme des Volkes wiedergab. Bekanntlich proklamierten dabei die dreizehn britischen Kolonien in Nordamerika (darunter Maryland) ihre Loslösung vom Mutterland Großbritannien. Georg Riemensperger war zweimal verheiratet, zuerst mit Maria Elisabetha Brunner, dann mit Catherine Sulser. In seiner Familienbibel vermerkte er ausdrücklich, sein Vater sei ein Bürger von Walldorf gewesen. Georg Riemensperger erreichte das hohe Alter von 84 Jahren und hatte zahlreiche Nachkommen. Der Grabstein von 1820 in fremder Erde berührt uns auf seltsame Weise, ist er doch gänzlich in deutscher Sprache verfasst, 66 Jahre nachdem Georg Riemensperger seine Heimat verlassen hat. Und, als i-Tüpfelchen, enthält er sogar das Wort „miech“, wie es heute noch im Walldorfer Dialekt für „mich“ gesprochen wird.



Die Vorfahren der Lamadés kamen von Heidelberg

Von Klaus Ronellenfitsch


In seinem Roman "Die Flucht nach Heidelberg" schildert der Ziegelhäuser Autor Wolfgang Vater das Schicksal von Claude und Helene, die im Jahr 1683 vom französischen Sedan ins kurpfälzische Heidelberg kamen. Claude hatte als Magd bei der hugenottischen Familie Lamadé gearbeitet, Helene war die Tochter des Hauses. Der Roman beruht auf historischen Gegebenheiten, einige der vorkommenden Personen – hier die Familie Lamadé und ihr Herkunftsort – sind allerdings vom Autor erfunden. Genauere Forschungen haben jetzt ergeben, dass die in unserer Gegend, vor allem in Wiesloch und Walldorf weit verbreitete Familie Lamadé, doch aus Heidelberg stammte, allerdings schon einige Zeit vor 1683.


Bereits 1652 wird der Wieslocher Hutmacher Anthoni Lamade im Walldorfer reformierten Kirchenbuch als Pate genannt. Erst jetzt konnte ich durch Recherchen im Archiv des evangelischen Oberkirchenrats Karlsruhe feststellen, dass dieser Anthoni Lamidé, Sohn des Heidelberger Hutmachers David Lamidé, am 5. Februar 1650 in der Heidelberger Heiliggeistkirche Eva Heilmann, die Tochter des verstorbenen Walldorfer Schultheisen Johann Heilmann geheiratet hat.



Der Heidelberger Bürger und Hutmacher David Lamidé lebte nachweislich bereits 1642, vielleicht aber schon um 1620 in Heidelberg. Dabei ist "Hutmacher" tatsächlich ein typisch hugenottischer Beruf wie z.B. auch "Tuchhändler". Charles Belier aus Tournai (Belgien) war ein hugenottischer Tuchhändler. Er ließ 1592 das bekannte Renaissance-Haus "zum Ritter" in Heidelberg bauen. David Lamedy wird erstmals 1642 als Trauzeuge in Heidelberg genannt (im Kirchenbuch des katholischen Franziskanerklosters). 1644 ist seine Frau Susanna Lameti Patin in Neckarsteinach bei der Tochter des Tuchhändlers Jacob Barbi.


Diese Heidelberger Familie Lamidé hatte fünf Kinder, geboren etwa 1623 bis 1635. Von den drei Söhnen Anthoni, Carl und David, die ebenfalls Hutmacher waren, zog Anthoni 1652 nach Wiesloch, die beiden anderen und ihre Schwestern Susanna Magdalena und Elisabetha blieben in Heidelberg. Ob die Lamidés tatsächlich Hugenotten waren, lässt sich bis jetzt nicht belegen. Seltsamerweise findet sich die Ersterwähnung des Namens in einem katholischen Kirchenbuch, die Trauungen sind im reformierten Kirchenbuch und die Taufen im lutherischen Kirchenbuch verzeichnet.


Interessant ist, dass es ab etwa 1680 auch einen lutherischen Hutmacher Hans David Lamade in Eppingen gab. Eine seiner Töchter heiratete 1710 den Eppinger Metzger Hans Jacob Diefenbacher. Dadurch wurde Hans David Lamade zu einem direkten Vorfahren des ehemaligen kanadischen Premiers John G. Diefenbaker. Dem Namen, Beruf und Lebensdatum nach passt der Eppinger Lamade genau zu den drei Heidelberger Lamade-Brüdern.


Es spricht einiges dafür, dass die Heidelberger Familie Lamidé aus Frankreich kam. Nach der Internet-Seite geneanet.org wird der französische Familienname Lamidé als eine Variante von Lamidieu betrachtet und bedeutet "l’ami de Dieu", also "Freund Gottes". Es war entweder der Übername einer sehr frommen Person, oder der Name kommt vom Vornamen Amédée (lateinisch Amadeus).


Am häufigsten kommt die Familie Lamidé im französischen Departement Yonne (89) südöstlich von Paris und westlich von Freiburg im Breisgau vor. Variationen des Namens in anderen Departements lauten Lamidey, Lamidez, Lamedee, Lamadee, Lammadee, Lamidie, Lamidet, Lamidee, Lamiday. Vielleicht findet sich irgendwann in Frankreich die wahre Herkunft des Heidelberger Hutmachers David Lamidé.



Einsteins Verwandte in Walldorf




Unser Vorstandsmitglied, Klaus Ronellenfitsch, hat interessante Nachforschungen über Albert Einstein und seinem Bezug zu unserem Walldorf angestellt. Hier sein Bericht:

Als ich vor über 20 Jahren das "Walldorfer Familienbuch" bearbeitete und auch die Daten aller Gräber des jüdischen Friedhofs in Walldorf erfasste, fielen mir zwei Grabstätten auf, die den Namen "Einstein" trugen. Hatte der berühmte Albert Einstein Verwandte in Walldorf gehabt?

In Walldorf lebte im 19. Jahrhundert die Familie des "Handelsmanns" David Einstein. Er war 1832 in Jebenhausen bei Göppingen geboren und kam um 1860 mit seiner Ehefrau Peppi geb. Ottenheimer nach Walldorf, wo beide zwischen 1861 und 1870 sechs Kinder hatten. Nachdem Peppi Einstein 1873 mit 36 Jahren gestorben war, heiratete David Einstein ein zweites Mal und hatte noch eine weitere Tochter. Er starb 1899 in Walldorf.

Da die komplette Familie Einstein sehr gut erforscht ist, konnte ich weitere Zusammenhänge feststellen. Die Eltern von David Einstein, Joseph Einstein und Blümle geb. Einstein in Jebenhausen waren Cousin und Cousine und hatten den gleichen Großvater Joseph Einstein, geboren 1726 in Sontheim. Dessen Urgroßvater Baruch Moses Einstein, geboren in Wangen am Bodensee, kam im 17. Jahrhundert nach Buchau und war dort Pferde- und Tuchhändler.

Und was hat diese Familie mit dem Nobelpreisträger Albert Einstein zu tun, der 1879 in Ulm geboren wurde? Nun, auch der Vater von Albert, Hermann Einstein, war 1847 in Buchau geboren und übersiedelte 1869 mit seinen Brüdern nach Ulm. Dieser Hermann Einstein und der Walldorfer David Einstein hatten den gleichen Urururgroßvater Moses Einstein, Sohn des Baruch Moses Einstein aus Wangen! Das ist zwar eine sehr weite Verwandtschaft, aber immerhin!

Hinzu kommt allerdings noch, dass Albert Einsteins Großvater mütterlicherseits Julius Koch wie der Walldorfer David Einstein aus Jebenhausen stammte. Es könnte also durchaus sein, dass Albert Einstein irgendwann in Jebenhausen zu Besuch war und Angehörige seines Verwandten David Einstein in Walldorf traf.